DSCN0835 2304_x_1728Nach fünf abenteuerlichen Wochen auf der anderen Seite der Erde bin ich nun wieder zurück in der Schweiz. Die Zeit in Tasmanien und auf dem australischen Festland verbrachten wir in der ersten Hälfte mit den Vorbereitungen auf die Weltcupläufe und dem anschliessenden Bestreiten der Weltcupläufe. In der zweiten Hälfte genoss ich dann die „Ferien“ mit dem Zelt, meinen Laufschuhen und meinem Freund Matthias.



Ganz nach dem Motto „An Heiligabend in den Himmel“ verliessen wir am 24. Dezember die Schweiz in Richtung Australien. Dreissig Stunden in Flugzeug und Auto, drei vollständig geschaute Filme und fünf verschlafene Filme, vier Flüge und einen Jetlag später erreichten wir unser Haus in Coles Bay im Freycinet Nationalpark an der Ostküste Tasmaniens. Zusammen mit sieben Kaderkollegen verbrachte ich die Akklimatisationswoche bis zum Weltcupstart mit Sightseeing-Joggings, Sonnenbaden mit Sonnencreme 50+ ab Tag 2 (danke für den epischen Sonnenbrand am Tag 1, liebes Ozonloch), Baden im durch die antarktischen Meeresströmungen ziemlich kalten Pazifik, Beobachten von Krebsen und Seesternen , Barbecue, OL-Trainings, Tankstellen suchen bei welchen das Benzin nicht „ausverkauft“ ist, dem Versuch Silvester zu feiern (Ich schlief dann aber leider bereits um 22 Uhr ein), Beobachten der Wallabies und Echidnas im Garten und dem Glück, noch (!) keine Bekanntschaften mit Schlangen zu schliessen.

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Die gemütliche Ferienstimmung musste dann aber für die drei Weltcupläufe dem Wettkampffeeling Platz machen. Am 1. Januar traf sich das gesamte Schweizer Weltcupteam in Launceston, der zweitgrössten Stadt Tasmaniens. Nach einem Sprinttraining am Neujahrstag stand am 2. Januar bereits die Qualifikation für den Sprint auf dem Programm. Der Wettkampf fand in einer der grössten Touristenattraktionen Tasmaniens statt, der Cataract Gorge in Launceston. Der Qualiwettkampf war mit dem sechsten Rang in meinem Heat eine gute Standortbestimmung und zudem eine optimale Vorbereitung für den Sprintfinal am Tag darauf im Universitätsgelände Launcestons. Die 35 Grad am Finaltag und ein halbminütiger Fehler kurz vor der Hälfte des Rennens forderten mich physisch und mental extrem und ich hatte das Gefühl, die fehlenden Lauftrainings und schnellen Einheiten im November und Dezember zu spüren. Trotzdem konnte ich mich – unter Siedetemperatur – mit einem einigermassen soliden 13. Rang ins Ziel schleppen. Der Aufenthalt in Launceston wurde am nächsten Tag mit den ozeanischen Staffelmeisterschaften – welche wir Schweizer als Wettkampftraining absolvierten – und einem Cricketmatch abgeschlossen. Die australische OL-Nationalmannschaft führte uns in die Welt des Cricket ein, DEM Nationalsport der Australier schlechthin. Da die Australier jedoch rasch merkten, dass wir Schweizer von der hochkomplexen Regelwelt dieses spannenden Spiels (spannend heisst in diesem Fall, dass die Spiele mehrere Tage dauern und am Schluss dann trotzdem unentschieden steht) absolut gar nichts verstehen, spielten wir bloss eine einfache Version. Es war sehr amüsant und wir schlugen uns wacker (die balls und wickets und crickets um die Ohren). 

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Nach den Sprintrennen verschoben wir uns mit dem Team wieder an die Ostküste nach St Helens. Dort fanden die Wettkämpfe über die Mitteldistanz und die Langdistanz statt. Nach zwei zusätzlichen OL-Trainings war ich soweit bereit, auch wenn zwei bis drei Trainings mehr in diesem ungewohnten Gelände sicher auch nicht schlecht gewesen wären für mein Selbstvertrauen.

Die Mitteldistanz fand wieder in Coles Bay statt, also am gleichen Ort, wie wir bereits die Ferienwoche vor dem Weltcup verbracht hatten. Ich hatte etwas grössere Ambitionen nach dem vermasselten Sprint und eine Top 10-Platzierung war das Ziel. Leider machte ich mit einem Riesenfehler zum zweiten Posten alle meine Hoffnungen zunichte. Auf der längeren Route setzte ich meinen Plan auf dem Weg zum Posten nicht um und lief viel zu weit unten im Hang. Im Postenraum konnte ich mich dann lange nicht auffangen und die zwei hinter mit gestarteten Läuferinnen holten mich auf. In der Folge konnte ich rund die Hälfte des Laufes vom Tempo profitieren, bis auf die Schlussschlaufe, wo ich nochmals alleine ran musste, dort aber das Tempo und die Technik sauber halten konnte. Mit Rang 10 erreichte ich mein Rangziel dennoch.

Die Langdistanz am Tag darauf ist ein eher wenig positives Kapitel in meiner OL-Karriere. Die Begegnung mit einer Schlange auf der legendär langen Route zu Posten 3 brachte mich so aus dem Konzept, dass ich während dem ganzen Lauf die Konzentration nicht mehr hinbekam. Bei der Zuschauerpassage beim Ziel wollte ich eigentlich abbrechen, konnte mich dann aber doch nochmals zusammennehmen und den Lauf mit allen Posten und Rang 18 beenden.

Die Weltcupläufe so früh im Jahr waren eine spannende Standortbestimmung und gleichzeitig eine intensive OL-Phase, wie ich sie mir bisher im Januar nicht gewohnt war. Trotzdem bleibt bis zum Saisonhöhepunkt – der WM in Schottland im August – noch viel Zeit, um zu trainieren und technisch und mental den notwendigen Schritt vorwärts zu kommen.

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Nach den Weltcupläufen freute ich mich, die grüne Insel Tasmanien zusammen mit Freund, Zelt, Auto und zu Fuss weiter erkunden und dann auch noch einen kurzen Abstecher auf das australische Mainland machen zu können. Für mich als Camping-Rookie war das eine spannende Herausforderung… Bereits in der ersten Nacht machte unser Aussenzelt Bekanntschaft mit einem übermotivierten Laufhuhn, welches mit überhöhter Geschwindigkeit in unsere „vier Wände“ geknallt ist. Während uns die Barbecuestellen (gefühlt gibt es davon in Australien pro Quadratkilometer mehr als Einwohner), Waschmaschinen und warmen Duschen auf jedem Camping viel Freude bereitet haben, hatten wir am regnerischen und teilweise stürmischen Wetter etwas zu beissen. Von rund zehn bestiegenen Mountains hatten wir auf acht Gipfeln dank dickem Nebel eine Aussicht von rund einem Meter. Die Wanderwege in den Nationalparks von Tasmanien sind aber fantastisch und als Läufer und Wanderer kann man sich so richtig austoben – auch bei schlechtem Wetter.

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Folgende Dinge, die es in der Schweiz nicht gibt, haben wir in Australien sonst noch erlebt und gesehen:

- Wombats, das wutziputzischnuggigste Tier auf Erden, dank Matthias‘ grandiosen biologischen Kenntnissen (Anschleichen gegen den Wind) haben wir bereits nach einer Minute auf Maria Island einen Wombat mit Jungem aufgespürt
- Die grössten Laubbäume der Welt (momentan misst der grösste Baum im Mount Field National Park 98 Meter)
- Wallabies üüüberall (lebendige und leider auch viele plattgefahrene)
- Australian Open Live in der Rod Laver Arena zuschauen
- Skylines und Chinatowns
- „a flat white please“ (Definition nach Wikipedia:Flat White ist eine Bezeichnung für eine Zubereitungsvariante eines Cappuccinos, der in der Regel mit Latte Art verziert wurde. Der Name kam in den 1980er Jahren in Australien und Neuseeland auf. Er wird in der Regel in einer Cappuccino-Tasse serviert und besteht aus einem Espresso und feinporig aufgeschäumter Milch. Während für die Zubereitung eines Cappuccinos die Milch beim Erhitzen mit viel Luft versetzt wird, wird die Milch bei einem Flat White nur minimal mit Luft versetzt, sodass die Konsistenz der Milch fast flüssig ist.) Der Unterschied zu einem normalen Cappuccino ist also gewaltig!
- Jeder wildfremde Mensch auf der Strasse oder im Einkaufsladen fragt dich, wie es dir geht
- Juice and smoothies everywhere (die Australier versuchen, sehr gesund zu leben und an jeder Strassenecke trifft man auf eine Saftbar oder ein veganes Restaurant)
- Natürliche, von den Wellen ausgewaschene Rockpools wo man baden kann (wenn es ein bisschen wärmer wäre)
- Vier Regentage und durchschnittliche 15 Grad auf dem australischen Mainland, wo doch die durchschnittlichen Höchsttemperaturen im australischen WINTER bei 16 Grad liegen und Sydney eigentlich 340 Sonnentage hat im Jahr… Wobei ich anmerken muss, dass es dieses Phänomen in der Schweiz leider auch gibt…
-Papageien, Kookaburras und viele andere lustige Vögel, die einen bei Sonnenaufgang das Trommellfell zusammentrillern
- Schwarze Schwäne und die südlichsten Mangroven der Welt
- Undundund…

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Seit gut einer Woche bin ich nun wieder zurück in der kalten Schweiz. Obwohl ich es nach der langen Reise trainingsmässig gemütlich angegangen bin, läuft es noch nicht wie gewünscht. Ich fühle mich immer noch müde und kann nicht 100% geben beim Trainieren, so wie ich das gerne hätte. Trotzdem freue ich mich, noch einige Kilometer auf den Langlaufskis und im Schnee absolvieren zu können, bis es dann am 16. Februar wieder mit einem 60%-Pensum an der Uni Bern los geht.