Jenzer Middle_FIN_DSC_3928_2Dass mich meine Tour de Scandinavie im April und Mai so demolieren würde, hatte ich bei meiner Saisonplanung im vergangenen Winter nicht einkalkuliert. Eigentlich war dieser Frühling dazu gedacht, die Zeit als OL-Profi perfekt zu nutzen und sowohl im physischen als auch im technischen Bereich einen Schritt vorwärts zu kommen. Doch es kam ein bisschen anders…


An den WM-Selektionsläufen in Estland Mitte Mai wollte ich das erste Mal in dieser Saison richtig zeigen, was ich draufhatte. Stattdessen stand ich am Start der Wettkämpfe und war parat wie eine Schildkröte im Winterschlaf… Sowohl physisch als auch mental war ich müde, unmotiviert und nicht bereit, saubere und vor allem schnelle OL-Leistungen abzuliefern. Das Gefühl stimmte einfach nicht! Einzig in einem der beiden Sprint-Wettkämpfe konnte ich eine solide Leistung zeigen. Eine WM-Teilnahme in einer Walddisziplin konnte ich mir zu diesem Zeitpunkt demzufolge nicht vorstellen und die Startplätze im Sprint waren aus meiner Sicht ebenfalls bereits klar vergeben. Somit reiste ich nach den WM-Selektionsläufen mit den Gedanken nach Hause, dieses Jahr an der Elite-WM nach vier Teilnahmen hintereinander erstmals nicht dabei zu sein.

Und das waren eigentlich keine schlimmen Gedanken, denn mit jenem Gefühl in den Beinen und im Kopf, wie ich es an den Selektionsläufen verspürte, wollte ich nicht an einem WM-Start stehen. Erstmals verspürte ich auch das Bedürfnis, eine OL-Wettkampf-Pause einzuschieben, hatte ich mich doch seit dem 15. Altersjahr für jeden meiner internationalen Zielwettkämpfe selektionieren können.  

Doch wieder kam es ein bisschen anders… Ich bekam zum ersten Mal in meiner OL-Karriere einen Startplatz für den WM-Sprint zugeteilt! Auf der einen Seite freute ich mich sehr über diese Überraschung, auf der anderen Seite war ich mir immer noch nicht sicher, ob es in dieser Situation für mich das richtige ist. Klar war für mich aber auf alle Fälle, dass ich für dieses reizvolle WM-Sprint-Projekt mein Training stark anpassen musste und richtig sprintspezifisch trainieren würde bis zur WM, um aus dem Alltagstrott, in dem ich mich im Moment befinde, herauszufinden und zudem ein befriedigendes Resultat abliefern zu können. Wie es dann aber nach der WM Anfang Juli weitergeht und ob ich im Herbst eine Wettkampfpause machen werde, ist noch offen.

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Nach einer knappen Woche zuhause – Koffer auspacken, Waschen, alles erledigen was man zuhause so zu erledigen hat, Koffer wieder einpacken – ging es bereits wieder weiter an den Weltcupauftakt nach Finnland. Ich erwartete hinsichtlich des happigen Programms mit fünf Einsätzen in fünf Tagen keine grossen Wunder, wollte aber die hochkarätig besetzten Events, das wunderschöne finnische Wettkampfgelände und die -stimmung nutzen, um technisch saubere Läufe abzuliefern. Was resultatmässig herauskommen sollte, war für einmal eher zweitrangig. Ich ging also relativ locker an die Wettkämpfe ran, kam aber wiederum überhaupt nicht in Schwung, meine Beine waren ebenso schwer wie mein Kopf. Ich benötigte vier Wettkämpfe, um in Fahrt zu kommen und erst am abschliessenden Langdistanz-Jagdstartevent kam ich mit einem guten Gefühl aus dem Wald. 
Resultate Weltcup Finnland

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Nach dem Weltcup reiste ich nicht mit dem Rest des Teams in die Schweiz zurück, sondern blieb zusammen mit Elena Roos in Finnland. Nach dem Motto «New place, new luck» war für mich klar, dass ich mich dem Flow der ambitionierten, internationalen Trainingsgruppe hier in Turku etwas hingeben wollte und das etwas andere Training als zu Hause nutzen wollte. Und bis jetzt läuft es ganz gut! Die Motivation steigt von Tag zu Tag und auch die Beine fühlen sich trotz (oder gerade wegen) der vielen kurzen intensiven Belastungen immer besser an.

Die Highlights in den nächsten Wochen sind das WM-Trainingslager vom 8. bis 15. Juni in Estland, die Jukola in Eno (FIN) am 17. Juni, welche ich zusammen mit meinem Schweizer Klub ol norska laufen werde sowie die Sprint-SM am 24. Juni in Windisch. 

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Fotos: Lukas Jenzer, Beat Meier, Hannu Kaasalainen, Hans Matter
ol norska: Remo Ubezio (www.ubezio.com